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Freitag, 17. Mai 2013

Literaturübersicht: "OLG-Studie" der SdK beklagt "Nullnummer für Minderheitsaktionäre"

Nullnummer für Minderheitsaktionäre, AnlegerLand 2013, S. 104 – 106 (Sonderheft von AnlegerPlus)

Die Aktionärsvereinigung SdK (Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.)  kommt in ihrer im Sonderteil „Schwarzbuch Börse“ dargestellten „OLG-Studie“ zu einem „schwarzen“, sehr pessimistischen Fazit: „Spruchverfahren vor den OLG Stuttgart und Frankfurt stellen sich zunehmend als reine Farce dar.“ Von einer unparteilichen Rechtsprechung könne nicht mehr die Rede sein. Ermessensentscheidungen bei Schätzungen von Abfindungen würden tendenziös ausgeübt.

Bereits der Prüfungsbericht sei aufgrund der Parallelprüfung aussageleer (wobei als positives Gegenbeispiel der aufgrund detaillierter Vorgaben enthaltende Bestellungsbeschluss im Spruchverfahren Deutsche Immobilien Holding AG entstandene Prüfungsbericht zitiert wird). Kritisiert wird, dass im Bereich der OLG Stuttgart und Frankfurt im Rahmen von Spruchverfahren in letzter Zeit keine gerichtlichen Gutachter mehr bestellt würden. Durch das „Vertretbarkeitspostulat“ werde nicht mehr konsequent anhand von Tatsachen geprüft, wozu die Hinzuziehung eines gerichtlichen Sachverständigen erforderlich sei. Dies ergebe einerseits interessenbezogene Unternehmensbewertungen mit niedrigen Unternehmenswerten bei Abfindungsfällen und andererseits einen unrealistisch hohen Unternehmenswert in Verschmelzungsfällen (wobei als abschreckendes Beispiel die Entscheidung des OLG Stuttgart zur Verschmelzung IWKA/Ex-Cell-O genannt wird).

Die niedrigen Unternehmenswerte ließen sich vor allem auf die verwendete Marktrisikoprämie und den angesetzten Wachstumsabschlag zurückführen. Die von den OLG auf 5,5 % geschätzte Marktrisikoprämie beruhe auf einer Studie von Stehle für einen einzigen Zeitraum (1955 – 2003). Alle Annahmen der Studie von Stehle seien jedoch falsifiziert, was von den Antragstellern auch vorgetragen worden sei. Beim Wachstumsabschlag sei das OLG Stuttgart von höchsten 1 % ausgegangen, das OLG Frankfurt von 0,5 % bis 1,5 %, wobei jeweils davon ausgegangen worden sei, dass die Wachstumsrate unter der geschätzten Inflationsrate liege. Diese Annahme der unvollständigen Überwälzung von Preissteigerungen stützte sich ebenfalls nur auf eine interessenbezogene Untersuchung, die von aktuellen empirischen Untersuchungen als für kapitalmarktorientierte Unternehmen nicht zutreffend widerlegt werde. Auch sei das Gewinnwachstum branchenbezogen völlig unterschiedlich. Der Umstand, dass die OLG die Richtigkeit im Sinne einer Vertretbarkeit nicht aus den empirischen Ergebnissen der Wirtschaftswissenschaft ableiteten, sondern aus ihren früheren Urteile, sei eine „Fehlerfortpflanzung“.

Die Ergebnisse einer Unternehmensbewertung nach dem Ertragswertverfahren könnten nur dann akzeptiert werden, wenn diese konsistent zu anderen Methoden der Unternehmensbewertung seien  (vgl. „Best-Practice-Empfehlungen Unternehmensbewertung“). In keiner der untersuchten OLG-Entscheidungen habe sich das Gericht mit alternativen Verfahren, wie etwa mulitiplikatorbasierte Verfahren (Kaufpreise vergleichbarer Transaktionen) auseinandergesetzt, obwohl von Antragstellern darauf hingewiesen.

In die Plausibilitätsbeurteilung sei auch die Verfassung des Kapitalmarktes nicht eingeflossen (8 der 16 untersuchten Spruchverfahren betrafen den Zeitraum 2002 bis 2004 mit besonders niedrigen Kursen). Im Verfahren Carl Schenck AG habe das OLG eine Erhöhung des Wachstumsabschlags auf 1,75 % als nicht plausibel abgelehnt, weil dann der Ertragwert um 50% über dem Börsenkurs gelegen hätte. Andererseits würden geringfügige Abweichungen (laut OLG Stuttgart bis zu 10 %) keine Unangemessenheit begründen, so dass es unter dem Vertretbarkeitspostulat so gut wie nie eine Erhöhung geben könne: Entweder sei die Abweichung zu gering oder würde bei größeren Abweichungen als nicht plausibel angesehen.

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