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Dienstag, 30. Mai 2017

Die Regelungen zum Squeeze-out nach österreichischem Recht (im Vergleich zum deutschen Recht)

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

1. Voraussetzungen für einen Squeeze-out

Der Squeeze-out wird im österreichischen Recht als Gesellschafterausschluss bezeichnet und dort durch das Gesellschafter-Ausschlussgesetz (GesAusG) reguliert. Dieses Bundesgesetzes über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern trat am 20. Mai 2006 in Kraft.

Anders als in Deutschland, wo eine Squeeze-out nur bei einer Aktiengesellschaft möglich ist, wird dort generell der Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern aus Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung) durch den Hauptgesellschafter geregelt.

Der Ausschluss erfolgt durch Haupt- bzw. Generalversammlungsbeschluss auf Verlangen des Hauptgesellschafters, dass die Anteile aller übrigen Gesellschafter auf ihn übertragen werden sollen. Eine sachliche Begründung oder Rechtfertigung ist nicht erforderlich. Die Barabfindung muss grundsätzlich dem anteiligen Unternehmenswert entsprechen. Über die anzuwendenden Bewertungsmethoden trifft das GesAusG jedoch keine Aussage. Die Minderheitsgesellschafter können Einwände gegen die Höhe der Barabfindung (wie in Deutschland) nicht im Wege der Beschlussanfechtungsklage, sondern nur im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung geltend machen.

Hauptgesellschafter ist, wer im Zeitpunkt des Ausschließungsbeschlusses mindestens 90 % am Grund- oder Stammkapital hält (in Deutschland: eine etwas höhere Schwelle von 95% für einen aktienrechtlichen Squeeze-out und ebenfalls 90 % für einen verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out). Anteile von konzernmäßig verbundenen Gesellschaftern sind dabei zusammenzurechnen. Satzung oder Gesellschaftsvertrag können abweichend von der gesetzlichen Regelung vorsehen, dass der Ausschluss von Gesellschaftern aus der Gesellschaft nicht zulässig ist oder dass der Hauptgesellschafter eine höhere Anteilsquote als 90% haben muss.

2. Verfahrensschritte zu einem Squeeze-out

Das Verfahren ist ansonsten ähnlich wie beim Squeeze-out nach deutschem Recht. Zunächst erfolgt ein Bericht des Vorstands (bzw. der Geschäftsführung) der Gesellschaft und des Hauptgesellschafters über Voraussetzungen des Ausschlusses und die Angemessenheit der Barabfindung. Dieser Bericht und die angebotene Barabfindung sind durch einen sachverständigen Prüfer, der vom Gericht bestellt wird, zu prüfen. Wenn ein Aufsichtsrat eingerichtet ist, hat auch dieser den Bericht über den Ausschluss sowie den Prüfungsbericht zu prüfen und darüber schriftlich zu berichten.

Während eines Monats vor der beschlussfassenden Hauptversammlung einer AG sind am Sitz der Gesellschaft der Beschlussantrag, die Berichte von Vorstand, Hauptgesellschafter und Aufsichtsrat sowie der Prüfungsbericht, Gutachten, auf denen die Beurteilung der Angemessenheit beruht, und die Jahresabschlüsse samt Lageberichte der Gesellschaft der letzten drei Geschäftsjahre zur Einsicht aufzulegen. Bei der GmbH sind die erwähnten Dokumente den Gesellschaftern spätestens 14 Tage vor Beschlussfassung zu übersenden.

Mit Eintragung des Beschlusses im Firmenbuch (dem österreichischen Handelsregister) gehen die Anteile der ausgeschlossenen Minderheitsgesellschafter auf den Hauptgesellschafter über.

Allen ausgeschlossenen Minderheitsgesellschaftern steht eine angemessene Barabfindung für ihre Gesellschaftsanteile zu. Die Barabfindung ist erst zwei Monate nach Bekanntmachung der Firmenbucheintragung fällig (relativ spät, in der Praxis erfolgt die Zahlung in der Regel früher). Stichtag für die Bewertung ist der Tag der Beschlussfassung. Ab dem folgenden Tag (anders als in Deutschland: dort erst ab dem der Eintragung folgenden Tag) ist die Barabfindung mit 2%-Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (etwas weniger als in Deutschland: dort 5%-Punkte über dem Basiszinssatz).

Zur Sicherung der Barabfindung ist diese bei einem Treuhänder vor Einberufung der Gesellschafterversammlung in bar zu hinterlegen. Die Barabfindung kann auch durch eine Bankgarantie abgesichert werden (so die Regelung in Deutschland). Eine mögliche Nachbesserung ist allerdings wie in Deutschland nicht abgesichert.

3. Gerichtliches Nachprüfungsverfahren

Wie in Deutschland besteht eine gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit. Jeder ausgeschlossene Gesellschafter kann bei Gericht beantragen, dass die Angemessenheit der Barabfindung überprüft wird. Eine Anwesenheit bei der Hauptversammlung und/oder die Erhebung eines Widerspruchs gegen den Squeeze-out-Beschluss sind nicht erforderlich. Wie nach deutschem Recht bestimmt das Gericht einen gemeinsamen Vertreter für die nicht antragstellenden ausgeschlossenen Minderheitsgesellschafter.

Die Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung erfolgt in einem außerstreitigen Verfahren (ähnlich wie in Deutschland: dort ein Verfahren der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit). Das Nachprüfungsverfahren beim Squeeze-out ist ein den §§ 225c ff österreichisches AktG über die gerichtliche Überprüfung des Umtauschverhältnisses nachgebildetes Gremialverfahren. Das Gericht verweist die Sache an das organisatorisch bei der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) eingerichtete Gremium. Dieses wird im Nachprüfungsverfahren zur Erstattung eines Gutachtens über die Angemessenheit der Barabfindung eingesetzt.

Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens trägt grundsätzlich der den Squeeze-out betreibende Hauptgesellschafter. Ist das Nachprüfungsverfahren ersichtlich aussichtslos, können die Verfahrenskosten den antragstellenden Minderheitsgesellschaftern theoretisch ganz oder teilweise nach Billigkeit auferlegt werden (was jedoch in der Praxis kaum vorkommt).

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