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Freitag, 9. März 2018

E.ON Czech Holding-Urteil des EuGH: Gerichtliche Überprüfung einer Squeeze-out-Abfindung im Sitzstaat der Gesellschaft

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit Urteil vom 7. März 2018 (Rs. C-560/16 - E.ON Czech Holding AG) auf eine Vorlage des tschechischen Obersten Gerichts (Nejvyšší soud) entschieden, dass sich die internationale Gerichtszuständigkeit für den Antrag auf Überprüfung einer Squeeze-out-Abfindung nach dem Sitz der Gesellschaft und nicht nach dem des den Ausschluss der Minderheitsaktionäre betreibenden Hauptaktionärs richtet.

Das der Vorlage an den EuGH zugrunde liegende Ausgangsverfahren betrifft den Ende 2006 beschlossenen Ausschluss von Minderheitsaktionären einer in der Tschechischen Republik ansässigen und nach tschechischem Recht gegründeten Gesellschaft (Jihočeská plynárenská, a.s.) durch ihren in Deutschland ansässigen Mehrheitsaktionär (der zum E.ON-Konzern gehörenden E.ON Czech Holding AG) sowie das hierzu vor tschechischen Gerichten betriebene Spruchverfahren. Ein Squeeze-out ist nach tschechischem Gesellschaftsrecht (§ 183i des tschechischen Handelsgesetzbuchs) zulässig, wenn der Mehrheitsaktionär 90 % des Grundkapitals oder der Stimmrechte hält.

E.ON erhob die Einrede der Unzuständigkeit der tschechischen Gerichte, da angesichts ihres Sitzes die deutschen Gerichte international zuständig seien. Die befassten Instanzgerichte, das Regionalgericht Böhmisch Budweis und das Obergericht Prag, folgten dieser Argumentation nicht und nahmen eine Zuständigkeit der tschechischen Gerichte an. Das in III. Instanz aufgrund eines Rechtsmittels von E.ON mit der Sache befasste Oberste Gerichte legt die Frage schließlich dem EuGH vor.

Der EuGH sollte klären, ob die internationale Zuständigkeit für das Spruchverfahren auf Basis der allgemeinen Vorschriften der EuGGVO nach dem Sitz des Antragsgegners – hier also des deutschen Mehrheitsaktionärs – oder der Sonderregeln in Art. 22 Nr. 2 EuGGVO a.F. (nunmehr Art. 24 Nr. 2 EuGGVO n.F.) nach dem Sitz der den Squeeze-out vollziehenden Gesellschaft zu bestimmen ist. Art. 24 Nr. 2 EuGGVO legt „für Klagen, welche die Gültigkeit, die Nichtigkeit oder die Auflösung einer Gesellschaft oder juristischen Person oder die Gültigkeit der Beschlüsse ihrer Organe zum Gegenstand haben,“ die Zuständigkeit des Sitzstaats der Gesellschaft fest.

In seiner Entscheidung bejaht der EuGH die Zuständigkeit tschechischer Gerichte gemäß Art. 22 Nr. 2 EuGGVO. Zwar gehe es nicht um die Gültigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses, sondern um die Angemessenheit der Barabfindung. Im Rahmen des Ausgangsverfahrens werde aber auch die teilweise Gültigkeit des Beschlusses überprüft. Die Regeln zur ausschließlichen Zuständigkeit zielten insbesondere darauf ab, die von ihnen erfassten Fälle denjenigen Gerichten vorzubehalten, die eine sachliche und rechtliche Nähe zum Fall aufweisen (hier Handlungen und Formalitäten nach tschechischem Recht und auf Tschechisch). So könnten auch einander widersprechende Entscheidungen verhindert werden. Eine ausschließliche Zuständigkeit der tschechischen Gerichte entspreche außerdem den mit der Verordnung verfolgten Zielen der Vorhersehbarkeit der Zuständigkeitsregeln und der Rechtssicherheit.

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